Lerntherapie backstage
In meinem letzten Blogartikel ging es darum, kindgerecht zu erklären, was integrative Lerntherapie eigentlich ist. Dazu hatte ich die Lerntherapie-Entdeckerkiste vorgestellt. Mit ihr haben Kinder in ihrer ersten Stunde bei mir Gelegenheit, den Begriff Lerntherapie im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar werden zu lassen.
Wer diesen Artikel gelesen hat, der kann sich schon ungefähr ein Bild davon machen, welche Aspekte in der integrativen Lerntherapie alles eine Rolle spielen.
Der Beruf der integrativen LerntherapeutIn ist in Deutschland noch relativ wenig bekannt. Ich möchte etwas dazu beitragen, dass sich das ändert. Vielleicht hast du dir auch schon folgende oder ähnliche Fragen gestellt:
- Wie sieht der Beruf der LerntherapeutIn ganz praktisch aus?
- Wie gestaltet sich so ein Tag als LerntherapeutIn?
- Stimmt es, dass Lerntherapeuten nur nachmittags arbeiten?
Um die Theorie etwas lebendiger werden zu lassen, lade ich euch ein, mich durch einen typischen Tag zu begleiten.
Er beginnt um 5:30 Uhr. Der Hund schläft noch und macht keine Anstalten, mich zu begrüßen. Nachdem ich mich tagfein gemacht und die Kinder geweckt habe und alle mit mehr oder weniger offenen Augen am Frühstückstisch sitzen, werden die Brotdosen choreografiert.
Sind die Kinder zur Schule aufgebrochen, mache ich meine erste Teepause und checke die Emails. Inzwischen ist auch der Hund aufgestanden, frühstückt und fordert seinen Freigang. Unterwegs sammeln wir gleich die Mahlzeit für die Kaninchen.
Nachdem alle satt und zufrieden sind, nutze ich die Zeit, um meine heutigen Stunden vorzubereiten. Ich suche Materialien zusammen, der Drucker läuft sich warm und dann laminiere ich ein Spiel, das ich einem Kind als Hausaufgabe mitgeben möchte. Nachdem alle Spielkarten zugeschnitten sind, packe ich meine beiden Fahrradtaschen ein. Vor mir liegen drei Stunden in einer örtlichen Grundschule. Hier fördere ich vormittags Kinder mit Lese- Rechtschreibschwierigkeiten und Rechenschwierigkeiten im Einzelsetting. Zur Verfügung steht mir hier ein heller Raum mit viel Platz für bewegtes Lernen.
Heute kommt zunächst ein Kind zur Lernstandsüberprüfung zu mir. Nach einem kleinen Kennenlernspiel, das gleichzeitig dem Überprüfen der phonologischen Bewusstheit dient, teste ich die Lese- und Rechtschreibleistung mit einem standardisierten Test. In der darauffolgenden Stunde übe ich mit einem Kind mit Rechenschwäche die Zehnerzerlegung.
Gut, dass immer mein aufblasbarer Gummiball Herbert im Gepäck ist, denn heute ist Lernen in Bewegung angesagt. Bevor das nächste Kind kommt, ergibt sich ein Tür-und-Angel-Gespräch mit einer Lehrkraft. Der direkte Draht ist definitiv einer der Vorteile von Lerntherapie in der Schule! In der letzten Stunde trainiere ich mit einem Kind das lautgetreue Schreiben. Hier gibt es was zu feiern, denn das Kind hat tolle Fortschritte gemacht!
Du möchtest mehr über Lerntherapie in der Schule erfahren? Dann kann ich dir den Blogbeitrag zu dem Thema von Susanne Seyfried empfehlen.
Nach dieser Stunde heißt es wieder in die Pedale treten, um nach Hause zu fahren. Die Bewegung tut mir gut, sie hilft mir, den Kopf wieder frei zu kriegen.
Zu Hause werde ich zunächst ausgiebig vom Hund begrüßt. Er schleppt sein Lieblingsspielzeug an und wir „kämpfen“ eine Weile darum. Aber meine Mittagspause ist kurz, denn ich muss noch meine Wohnzimmerpraxis vorbereiten. Das heißt vor allem Hundehaare wegsaugen, meinen Schreibtisch aufräumen, frische Gläser hinstellen und die Wasserflasche auffüllen. Es bleibt noch Zeit, meine Fahrradtaschen auszupacken und alles wieder in die Regalwand mit den Therapiematerialien einzusortieren.
Der Nachmittag gehört den Therapiekindern, die zu mir nach Hause kommen. Es klingelt am Gartentor und das erste Kind kommt gut gelaunt herein. Ich bekomme stolz die erledigten Übungsaufgaben präsentiert und schon sind wir mittendrin im Thema. Wir probieren ein neues Lernspiel aus, lernen einen neuen Gedächtnistrick kennen und arbeiten uns durch den Zehnerübergang.
Das letzte Kind für heute ist gegangen, es ist mittlerweile 16 Uhr. Schnell schreibe ich noch eine Email an die Eltern eines Kindes und werte die Leistungsüberprüfung aus.
Zwischenzeitlich sind meine eigenen Kinder zu Hause eingetroffen, die Familienzeit beginnt. Ich helfe bei den Hausaufgaben, Hobbies und Vereine stehen auf dem Plan. Jetzt ist auch Zeit zum miteinander reden und für einen Tee. Dabei ignoriere ich mit Erfolg den Wäscheberg.
Ruckzuck ist es Abend und heute freue ich mich auf ein Online-Treffen mit dem Lerntherapeuten-Netzwerk, in dem ich mich mit lieben KollegInnen aus ganz Deutschland und Österreich zu verschiedenen Fachthemen austauschen kann. Das Netzwerk bietet den kollegialen Austausch, den ich sonst als Einzelunternehmerin nicht hätte.
Du möchtest mehr über das Lerntherapeuten-Netzwerk erfahren? Schau hier mal vorbei!
Später am Abend setze ich mich noch gemütlich in die Kissen und schreibe etwas für meinen Instagram-Account oder bereite einen Kurs für Vorschulkinder vor.
Der Hund schläft schon wieder und auch für mich endet der Tag. Ich bin sicher: auch morgen wird es mit Sicherheit keine Langeweile geben, denn die Arbeit als LerntherapeutIn ist sehr abwechslungsreich und vielseitig, nicht nur am Nachmittag.
Du hast so eine sympathische Art, deinen Tag zu beschreiben, da möchte ich am liebsten mitdackeln.
Und Hut ab, was du alles so leistest.
Bin schon gespannt auf weitere Blogbeiträge!
Herzliche Grüße,
Barbara Wenning
Wie toll, dein Blog ist online Und das auch noch mit so einem interessanten Einblick in deinen Tagesablauf! Mein Hund würde definitiv mit dir um 5:30 Uhr aufstehen. Aber zum Glück lässt er mich ein bisschen länger schlafen
Ich freue mich auf deine weiteren Blogbeiträge!
Liebe Grüße
Sabine
Freut mich, dass dir mein Beitrag gefällt!
Danke für deinen Einblick, Bettina. Es braucht mehr solcher Beispiele, um aufzuzeigen, was wir Lerntherapeuten genau machen und wie unsere Tätigkeit aussieht. Daher freue ich mich, dass du uns hier einen kleinen Einblick in deinen Tag gegeben hast.
Lieben Gruß
Susanne Seyfried